Fukanzazengi

Während unserer herbstlichen Ango haben wir begonnen, uns Dogens „Fukanzazengi“ zu widmen. Das liegt auch daran, dass wir nach der langen Pause wieder einen Schwerpunkt in dem gemeinsamen Zazen in Musanji setzen möchten. Genau darum geht es in diesem kurzen, relativ bekannten Kapitel.
Fukan Zazen-gi bedeutet so viel wie: Der Weg des Zazen - eine allgemeine Empfehlung. Es stellt eine Art Übungsanleitung dar, eine „Gebrauchsanweisung für Zazen“.
Dogen war Anfang 30, als er diesen Aufsatz verfasste, er hat ihn zeitlebens immer wieder überarbeitet, weswegen es verschiedene Versionen gibt. Fukanzazengi gehört zu den wenigen konkreten Meditationsanleitungen im Zen. In der Anleitung zum stillen Sitzen in Bezug auf Atmung, Geisteshaltung und Körperhaltung ist sie einzigartig, auch auf Grund ihres frühen Entstehungsdatums (1233).
Zu Beginn stellt Dogen die Frage, die ihn bereits als jungen Mann dazu veranlasste, sich auf die Suche zu begeben und auch vor seiner gefahrenvolle Reise nach China nicht zurückhielt: wieso üben, wenn die wahre Lehre frei verfügbar ist, wozu uns anstrengen?

Er beantwortet sie mit der freundlichen Güte von jemandem, der sich selbst gut kennt: „Wenn Du auch nur um Haaresbreite abweichst, bist Du himmelweit ... entfernt. Wenn auch nur die kleinste Unterscheidung aufkommt, bist Du verloren.“
Nicht, dass der obige Gedanke bereits ein Abweichen darstellen würde. Vom Standpunkt des Absoluten aus betrachtet, gibt es im gesamten Universum nicht das kleinste Staubkorn. Wieso dann fegen?
Andererseits neigen wir zu „Abweichungen“. Das ist unser Naturell. Es ist Eva und Adams Apfel. Es ist Kühlschrank, PC, Auto, Krankenversicherung. Es ist auch: Tue Gutes. Vermeide Unheilvolles. Darin steckt weder Schuld noch Sünde. Es ist die Folge davon, dass wir über ein Bewusstsein verfügen, das seinem Wesen nach auch ein unterscheidendes Bewusstsein ist.

Somit empfiehlt der Gründer unserer Schule uns, damit aufzuhören, „Worte zu studieren und Schriften zu folgen“, sondern uns stattdessen in „Rückzug zu üben, das Licht nach innen zu wenden sowie das Selbst zu beleuchten.“
Absolut. Relativ. Handelnd in der Welt der 10.000 Dinge, zurückkehrend zum Kissen, um das Selbst, seine Ausrichtung und seine Handlungen zu beleuchten.
Wie da geschieht? Dogens Antwort besteht in der liebevollen Beschreibung unserer Körperhaltung beim Zazen. Der Körper als Medium, als Brücke so wie unser Atem, gleichzeitig als unablässig Veränderungen unterworfenes Gebilde, untrennbar verbunden mit just diesem obigen Selbst.

Es geht nicht entweder, oder, bzw. ganz ohne einen Teil. Es geht nur mittendrin, all inclusive. Das ist keine Beschreibung der derzeitigen sozialen Lage, sondern eine uralte Weisheit.
Wir, die wir einen spirituellen Weg den unsrigen nennen, wissen darum, erfahren dies täglich auf dem Kissen und darüber hinaus. Und auch deswegen besteht eine unserer Aufgaben in den kommenden Wochen auch darin, zu verbinden, zu vermitteln und zu vereinen. Für ein gemeinsames Leben, das ohnehin nur dann glücklich macht, wenn wir es von uns aus als rundum Ganzes betrachten lernen.

Gasso, Juen


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