Vom Frühling und anderen Jahreszeiten


Im Gespräch mit Meister Nansen sagte der hohe Beamte Rikukô: „Jô Hosshi sagte: Das ganze Universum und ich selbst, wir haben die gleiche Wurzel. Alle Dinge und ich selbst sind eins.“
Das ist doch wunderbar!
Nansen zeigte auf einen Strauch im Garten und sagte: „Heutzutage sehen die Menschen solche Blumen wie im Traum.“
Hekiganroku, Fall 40

 
Frühling, das ist: Aufbruch, Leben, Hoffnung. Es ist auch: nahezu täglich zu beobachtende Veränderung, Fülle, geballte Energie. Ein sensorisches Feuerwerk aus Farben und Klängen, das uns Macht und Wirkweise der Natur sehr eindrücklich vor Augen führt. Es gibt da etwas, nicht immer von uns aktiv wahrgenommen, das eine Dynamik hat, die uns selbst fast unscheinbar anmuten lässt. Sie folgt, sofern wir sie lassen, einem rhythmischen Eigenleben und einer kosmischen Ordnung, die alle Facetten unseres Daseins beinhaltet. Die Natur könnte uns als nahezu ideale Vorlage für unser Leben dienen, sowohl in Hinblick auf einen „rechten“ Rhythmus wie Zeitpunkt, als auch auf ihre „rechten“ (Natur)-Gesetzmäßigkeiten und Folgen von Ursache und Wirkung.

Wir könnten es sehen, wir könnten sie beobachten und wir könnten von ihr lernen. Nicht nur über die Folgen unseres Eingriffs in ihr Leben, sondern auch über die Folgen jeglichen Eingriffs in unser Leben. Die Natur und sei sie auch noch so beeinflusst durch unser menschliches Einwirken, kann uns als direkter Spiegel der Auswirkungen unseres Tuns dienen – ähnlich wie ein „rechter“ Pinselstrich in der Kalligrafie uns sofort und schonungslos ehrlich Auskunft darüber gibt, in welcher Verfassung wir uns gerade befinden. Daher, damals wie heute, handeln so viele Koans von der Natur, den Jahreszeiten, den Regentropfen oder der Eiche im Garten. Daher haben wir in unserem schönen Schleswig-Holstein einige Vorteile!
 
„Alle Dinge sind eins“ – zitiert der hohe Beamte und wartet hoffnungsfroh auf eine (weise) Antwort des großen Nansen. Dieser hingegen lässt ihn abblitzen und deutet stattdessen auf irgendwelche Blumen im Garten. Unerhört! Stellt dies nicht eine der Weisheiten des Zen dar – die Einheit aller Dinge?
Und: was hat das mit einem Traum zu tun? Es handelt sich doch um die „wahre Wirklichkeit“ der alten Meister!
 
Eine der möglichen Antworten findet sich in Setchôs Vers:
... „Lichtreflexe huschen über dem Teich. Es ist kalt.“
Können wir sie sehen? Diese nächtliche Kühle spüren?
Dann können wir beiden begegnen und uns mit ihnen über Traum und Wirklichkeit unterhalten.
Sie werden sich sehr darüber freuen, mit uns ihre Erfahrungen und Geschichten zu teilen.
Nur zu!

Gassho, Juen
 


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